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14. Cantorforum | 1 | false | media/backgrounds/page-title.webp | media/cantorfora/cantorforum14.webp | Katarina Forkmann: Placebo und Nocebo, die innere Apotheke |
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Manche mögen es der Macht des Herrn zuschreiben, wenn ein tiefgläubiger Mensch eine eigentlich unheilbare Krankheit besiegt – Doch es lässt sich auch eine rationale, wenn auch verblüffende Erklärung geben, die im Grunde jeder kennt: Die positive Einstellung, dass Gott diesen Menschen heilen wird, hat das Unmögliche möglich gemacht. Gemeinhin ist dieser Effekt unter dem Wort Placebo, was Latein ist und „Ich werde gefallen“ bedeutet, bekannt und Katarina ließ uns an ihren Erkenntnissen zu dieser körpereigenen Apotheke teilhaben.
Nachdem sie 2003 ihr Abitur am Georg-Cantor-Gymnasium abgelegt hatte, begann Katarina in Halle Psychologie zu studieren. Von dort aus führte ihr Weg über Hamburg nach Essen, wo sie heute neurowissenschaftliche Studien in der Schmerzforschung durchführt und sich dort besonders mit dem „Placebo“ beschäftigt. Dieser schmerzlindernde Effekt wurde, wie so vieles, im Zweiten Weltkrieg entdeckt. Der britische Arzt Henry Beecher hatte hunderte Schmerzpatienten zu betreuen: Verwundete von der Front. Es kamen so viele Soldaten in die Lazarette, dass die Sanitäter bald vor dem Problem eines Engpasses bei Schmerzmitteln standen. Also startete Beecher das erste Experiment zum Placebo-Effekt: Er versprach seinen Patienten das wirksame Schmerzmittel, gab ihnen jedoch statt dessen lediglich eine an sich wirkungslose Kochsalzlösung. Das erstaunliche Ergebnis: Obwohl keine pharmakologische – also in der Substanz des Medikaments begründete – Wirkung existierte, hatten die Soldaten weniger Schmerzen.
Dieser Effekt wird heute von Wissenschaftlern wie Katarina weiter erforscht. Dabei kristallisierten sich einige Erkenntnisse heraus. So können Parameter, wie der Wert des Medikaments oder die Art der Gabe, die Schmerzlinderung beeinflussen: Je teurer und invasiver, desto besser. So wird eine billige Tablette einen weniger starken Placebo erzeugen als eine teure und eine Injektion bei gleicher Wirkstoffstärke eine höhere Linderung erzielen als ein Pflaster. Auch die Erfahrung mit Arznei ist von Bedeutung, denn ein bewährter Hustensaft wird unter Umständen besser wirken als ein Mittel, mit dem man schlechte Erfahrungen hat. Besonders interessant ist, dass sogar eine Besserung der Schmerzen dann eintritt, wenn die Gabe eines per se wirkungslosen Medikaments angekündigt wird.
Allerdings kann die innere Apotheke auch zur inneren Giftmischerküche werden. Zum Beispiel können negative Erwartungen an ein Arzneimittel dessen Wirkung zu gewissen Teilen verringern. Dieser Gegeneffekt des Placebo heißt Nocebo, was in Latein „Ich werde schaden“ heißt und kann noch extremere Auswirkungen haben. So wurde ein Mann in ein Krankenhaus eingeliefert, der Antidepressiva nahm. Er hatte sämtliche Tabletten genommen und schwebte dementsprechend in Lebensgefahr. Doch schnell stellte sich heraus, dass der Patient Teil einer medizinischen Studie war. Und dort zur Placebo-Gruppe gehörte! Er hatte also eigentlich wirkungslose Tabletten geschluckt und trotzdem trat die lebensbedrohliche Wirkung ein. Nachdem man ihn über die Tabletten informiert hatte, erholte er sich schnell wieder.
Ob Sätze, wie „Schokolade macht glücklich“ oder „Sauer macht lustig“ also mehr „Placebo“ sind, bleibt noch zu klären. Was jedoch sicherlich von Inhaltsstoffen bestimmt ist, ist der Geschmack von Kuchen und anderen kleinen Stärkungen,
die – wie immer – zum Ende des Cantorforums, indem wir wieder Erstaunliches lernen konnten, bereitstanden. Also beim nächsten Kopfschmerz positiv an eine schnelle und starke Wirkung denken, dann tut´s gleich nicht mehr weh!
Nikolas Weigt, 2015
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